Definition: Was ist der Spannungsbogen?
Der Spannungsbogen bezeichnet den Verlauf der Spannung in einem klassischen Drama oder in einer Erzählung. Bildlich wird der Spannungsbogen meist als Halbkreis dargestellt. Dieser zeigt an, dass die Spannung sich langsam steigert, dann ihren Höhepunkt erreicht und schließlich abflacht bis zur finalen „Katastrophe“. Letztere kennt man aus klassischen Dramen wie Johann Wolfgang Goethes „Iphigene auf Tauris“, Friedrich Schillers „Maria Stuart“ oder William Shakespeares „Macbeth“. Der Begriff „Spannungskurve“ wird oft synonym zum Spannungsbogen verwendet. Spannung kann gleich im ersten Satz deines Romans entstehen und sollte sich bis zum Ende durchziehen. Wenn Du ein Buch schreibst, ist dies eine wesentliche Voraussetzung dafür, Leser zu begeistern. Einzelne Figuren authentisch und spannend darzustellen, gehört ebenfalls dazu.
Der Spannungsbogen des klassischen Dramas
Für den Spannungsbogen gibt es unterschiedliche Strukturen. Beispielsweise die eines klassischen, fünf Akte umfassenden Dramas. Dieser lässt sich als Grundlage für einen Roman nutzen. Zwar sind Dramen ursprünglich für Theateraufführungen konzipierte Texte in Dialogform. Der Spannungsverlauf dient allerdings auch als Basis für einen Roman.
Woraus besteht ein klassisches Drama? Von der Exposition bis zur Katastrophe
In einem klassischen Drama reicht der Spannungsbogen vom Beginn der Handlung, der Exposition (1), über ein erregendes Moment (2), in dem die Handlung turbulenter wird, bis zum Höhepunkt (3), also einer Auseinandersetzung, einem Konflikt. Darauf folgt ein retardierendes, d.h. verzögerndes Moment (4), bevor die Geschichte in einer Katastrophe (5) beziehungsweise der Auflösung des Konfliktes endet.
Diese fünf Stufen entsprechen im klassischen Drama den fünf Akten. Bei der Planung deines Handlungsverlaufs kann es hilfreich sein, die einzelnen Phasen als Grundgerüst und roten Faden zu nutzen. Damit kannst du vermeiden, dich beispielsweise zu Beginn mit langen Ausführungen zum Leben der Hauptfigur zu verlieren, während der Leser auf ein spannendes Ereignis wartet.
Spannungsbogen im Roman: Ein Beispiel
Angenommen, du schreibst einen Fantasy-Roman, in dem eine Frau sich unsterblich in ein mysteriöses elfenhaftes Wesen verliebt. Diese Liebe hat allerdings existenzbedrohende Folgen, die nicht nur das Leben des Paares gefährden. Der Spannungsbogen eines klassischen Dramas ließe sich beispielsweise so umsetzen:
In der Exposition führst du deine Leser in die Handlung ein. Du stellst die Hauptfiguren vor und beschreibst, wann und wo sie leben und welche Charakterzüge sie haben. Die Protagonistin ist nicht unglücklich, sehnt sich aber nach einem Menschen an ihrer Seite – bis sie bei einem Spaziergang in der Dämmerung auf einen reizvollen Unbekannten trifft …
Nun folgt das erregende Moment, jetzt nehmen Handlung und Spannung an Fahrt auf. Die Hauptfigur trifft sich öfter mit dem zauberhaften Elf, der sie magisch anzieht. Er bittet sie, mit ihm in seine Welt zurückzukehren. Sie zögert.
Es kommt zum Höhepunkt: Das Liebespaar begibt sich auf die Reise in die Heimat des Elfen, dabei geraten beide in Gefahr: Das Elfenreich droht entdeckt und zerstört zu werden.
Im klassischen Drama folgt nun das retardierende Moment. Dies eignet sich dazu, die Spannung bis zum Ende aufrechtzuerhalten, indem der Leser beispielsweise auf eine falsche Fährte geführt wird. Du könntest eine Hauptfigur unberechenbar werden lassen. Oder aber Du provozierst, dass das Liebespaar und die Leser sich in Sicherheit wiegen, obwohl die Gefahr noch nicht vorbei ist.
Dramen wie Maria Stuart oder Macbeth enden in einer Katastrophe, meist dem Tode des Helden. Wenn du diesem Schema folgen willst, könntest du einen der Protagonisten in einem tragischen Schlusskampf sterben lassen, woraufhin der andere sich aus unerträglichem Schmerz umbringt. Oder du wandelst das klassische Dramamodell ab, deinen Hauptfiguren gelingt es zu fliehen oder beide Lebenswelten zu versöhnen.
Das Beispiel zeigt: Der Spannungsbogen des klassischen Dramas eignet sich für Romane, in denen eine Figur Gegnern gegenübersteht, mit denen sie sich auseinandersetzen muss. Dir fällt es noch schwer, die Akte festzulegen? Vielleicht hilft es dir, die Geschichte Schritt für Schritt mit der Schneeflockenmethode zu planen.
Was ist die Heldenreise?
Etwas kleinteiliger lässt sich der Spannungsbogen durch die Heldenreise aufbauen. Der Begriff geht ursprünglich auf den Amerikaner Joseph Campbell zurück. Er stellte fest, dass sich die Mythologie in ihren Erzählungen eines wiederkehrenden Musters bedient: Im Mittelpunkt steht ein Held, der diverse Abenteuer und Herausforderungen meistern muss. Er wächst daran und macht eine persönliche Veränderung durch. Das Modell der Heldenreise von Campbell wurde vielfach weiterentwickelt und existiert heute in verschiedenen Varianten.
Bekannt ist die Heldenreise nach Christopher Vogel, der ein Modell speziell für Drehbücher entwickelt hat. Es fand in etlichen Filmen Anwendung wie beispielsweise „Forrest Gump“ oder „Star Wars“. Auch viele Romane verfolgen das Modell wie unter anderem die Harry Potter-Saga von J. K. Rowling.
Christopher Vogler unterteilt die Heldenreise in zwölf Etappen, in deren Verlauf der Held zu einem Abenteuer berufen wird, sich zunächst diesem Ruf verweigert, dann doch von einem Mentor überredet wird und seine „Reise“ antritt. In der Folge muss er mehrere Prüfungen oder Abenteuer überstehen, bevor es zum Höhepunkt, dem Hauptkonflikt der Geschichte, kommt. In einer spektakulären Auseinandersetzung besiegt der Held seinen Gegner und kehrt wohlbehalten nach Hause zurück, wo er als Held gefeiert wird.
Wie der Spannungsbogen eignet sich auch die Heldenreise nicht für jeden Roman. Wenn in deiner Geschichte ein Protagonist im Vordergrund steht, der Abenteuer meistern muss, bietet sich die Heldenreise als Grundlage des Spannungsverlaufes an. Um den Helden und seine Erlebnisse für deine Leser so nahbar wie möglich zu gestalten, solltest du dir überlegen, in welcher Erzählperspektive du den Roman erzählen willst.
Die Heldenreise im Roman: Ein Beispiel
Angenommen du schreibst einen Spionageroman, in dem sich der Protagonist zur Zeit des Kalten Krieges in Russland wiederfindet.
Zu Beginn stellst du deine Hauptfigur vor, beschreibst ihre Lebensumstände und leitest das Abenteuer ein: Beispielsweise wird die Figur, ein junger FBI-Agent, dazu berufen, einen Spionageauftrag in Russland zu erfüllen. Der Agent wird von Angst und Skrupeln geplagt, sein Vorgesetzter hält aber große Stücke auf ihn und überzeugt ihn, dass er der richtige für die gefährliche Mission ist.
In Russland erwarten den Protagonisten zahlreiche spektakuläre Einsätze. Nur, wenn es ihm gelingt, eine politische Verschwörung mehrerer KGB-Offiziere zu zerschlagen, wird eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Großmächten verhindert und er kann wohlbehalten in die USA zurückkehren.
Den Höhepunkt inszenieren
Als Autor hast du hier alle Möglichkeiten, den Höhepunkt kunstvoll zu inszenieren. Beispielsweise, indem der Held bedroht wird, um sein Leben bangt oder unter riskanten Umständen versucht, geheime Dokumente zu stehlen. Als entscheidende Prüfung könnte er einen hochrangigen KGB-Offizier auszuschalten, entweder durch Mord oder Intrige.
Um zwischendurch die Spannung bis zum Ende aufrechtzuerhalten, kannst du deine Hauptfigur in eine Liebesbeziehung verwickeln, die ihn an der Sinnhaftigkeit seiner Mission zweifeln lässt. Schlussendlich gelingt es dem jungen Agenten, die Verschwörung aufzulösen und er kehrt als Held in heimische Gefilde zurück.
Eine ausführliche Erklärung zu den unterschiedlichen Stufen findest du außerdem auf dem Blog vomschreibenleben.de
Fazit
Das klassische Drama sowie die Heldenreise eignen sich für Romane, in denen ein Held Abenteuer erleben und mächtigen Gegnern gegenüberstehen muss. Während ein klassisches Drama meist in einer Katastrophe endet, hat die Heldenreise eher ein Happy End.
Als Autor eines Abenteuer-, Fantasy- oder Science Fiction-Romans kannst du dir das Prinzip des Spannungsbogens oder der Heldenreise als Basis nehmen. Der Handlungsaufbau wird dir damit einfacher fallen. Einige Autorensoftwares bieten Möglichkeiten, unterschiedliche Strukturmodelle zu verwenden und einen Überblick über den Aufbau deines Romans zu behalten.
Allerdings gilt: Du musst dich nicht akribisch an bestimmte Modelle halten. Jeder Roman lebt von Variationen eines bekannten Schemas. Auch ist es nicht hilfreich, dich krampfhaft an Bestsellern als Vorbildern zu orientieren. Erschaffe eine Geschichte, die außergewöhnlich und nicht austauschbar ist. Damit schaffst du dir eine Grundlage für gute Verkaufschancen. Eine Kurzübersicht über weitere Strukturmodelle findest du auf der Site Dramaqueen.